Lebens- und Teillebensräume von Wildbienen
Wildbienen findet man in den unterschiedlichsten Lebensräumen. Die Anzahl und die Verteilung der Bienenarten in einem Lebensraum hängen dabei von mehreren Faktoren ab. Zunächst müssen geeignete Nistplätze und Nahrungspflanzen vorhanden sein. Die Arten der Familie Megachilidae benötigen zusätzlich bestimmte Materialien zum Bau der Nester. Außerdem müssen klimatische und geografische Voraussetzungen erfüllt sein. Nur wenn ein bestimmtes Gebiet im Gesamtverbreitungsareal einer Art liegt, die klimatischen Ansprüche der Art erfüllt sind und die notwendigen Habitatstrukturen (Requisiten) in ausreichender Menge vorhanden sind, kann die entsprechende Bienenart im Gebiet vorkommen. Ob sie dort tatsächlich heimisch ist, hängt jedoch im Einzelfall von weiteren Erfordernissen ab (z.B. können parasitische Bienen nur dort existieren, wo geeignete Wirtsbienen in ausreichender Populationsgröße anzutreffen sind).
Nistplatz, Nahrungsraum und Baumaterialien können räumlich voneinander getrennt sein. Diese Teillebensräume bilden zusammen den Gesamtlebensraum einer Art. Fehlt in einer Landschaft nur einer der Teillebensräume, dann kann die jeweilige Bienenart dort nicht existieren. Die Distanzen zwischen den Teillebensräumen überbrücken Bienen im Flug mit einem oft erheblichen Energieaufwand. Dieser Energieverbrauch führt am Ende zu einem geringeren Reproduktionserfolg. Daher spielt die Entfernung der Requisiten im Gesamtlebensraum einer Art eine wichtige Rolle. Im Allgemeinen können kleinere Bienen (Maskenbienen, viele Schmalbienen) nur kürzere Distanzen überbrücken als größere Bienen (Pelzbienen, Hummeln, einige Sandbienen). Heutzutage sind alle Bienenarten von der Fragmentierung und Isolation ihrer Lebensräume stark betroffen.
Die größte Artenvielfalt erreichen Bienen in trocken-warmen Lebensräumen. Daher findet man im Mittelmeerraum deutlich mehr Bienenarten als in Mittel- und Nordeuropa. Auch in Deutschland besteht ein Nord-Süd-Gefälle. Das Land Brandenburg zeichnet sich aber durch einige strukturelle Besonderheiten aus, die sich im Wildbienenspektrum widerspiegeln. Brandenburg gehört zu einem größeren Naturraum, der durch eiszeitlich geprägte Oberflächenstrukturen gekennzeichnet ist. So sind zwei von Südost nach Nordwest reichende Endmoränenketten vorhanden, deren Hügel in der Regel bewaldet sind. Grundmoränen und Urstromtäler sind durch Ackerland, Grünland, Sandheiden und durch eine Vielzahl von Oberflächengewässern gekennzeichnet. Für zahlreiche Bienenarten sind vor allem die Urstromtäler (zwischen Thorn [Torun] und Eberswalde sowie zwischen Warschau und Berlin) mit ihren Feinsandablagerungen von Bedeutung. Hier haben einige hoch spezialisierte Bienenarten ihre bundesweit individuenreichsten oder sogar letzten Vorkommen.